Ein Käberchen bei Königsbrück

In einem Dorfe bei Königsbrück lebte ein Bauer mit seiner Frau. Sie standen in dem Rufe, arm zu sein. Einfach und schlicht war ihre Wohnung und von Gold und Schätzen war bei ihnen nichts zu merken. Trotzdem erhielt ihr Gesinde, ein Knecht und eine Magd, Essen wie bei den reichsten Bauern. Alle Tage kam Fleisch auf den Tisch, und das Abendbrot mit Schinken, Wurst und Speck war geradezu fürstlich.
Darüber wunderten sich Knecht und Magd nicht wenig. Sie hatten ihre Herrschaft in Verdacht, dass sie all die guten Sachen nicht rechtmäßig erwürbe. Um dies zu erkunden, legte sich eines Abends der Knecht auf die Lauer. Er versteckte sich in dem ungeheizten Backofen und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
Als Mitternacht nahte, polterte etwas aus der Esse herunter. Aha, dachte der Knecht, das Käberchen! Bald trat auch die Frau hinzu und rief: „Hänsel speik, Hänsel speik!“ Da polterte es wieder in der Esse, und Schinken, Wurst, Fleisch, Speck, Brot und Semmel kamen in großer Menge herab. Das konnte der Knecht durch einen Ritz in der Backofentür deutlich sehen. Mit einem Male aber rief es: „’s guckt, ’s guckt!“. Die Frau meinte aber: Hänsel speik, ’s guckt ja niemand“. Da konnte der Knecht vor Lachen nicht halten. Er sprang aus dem Backofen und lief hinauf in seine Kammer. Bald darauf zog er fort. Durch die Dienstboten aber war es ruchbar geworden, woher die beiden Bauersleute ihre gute Verpflegung hatten. Das war jedoch nicht angenehm, denn die Leute trauten ihnen nun alles Böse zu und ärgerten den Bauer, wenn er auf der Bierbank saß.
Darum sann dieser nach, wie er das Käberchen los werden könne. Er sperrte es in den leeren Schweinestall und zündete ihn an, damit das Käberchen verbrenne. Als die Flammen aus dem Stalle hervorschlugen, rannte der Bauer hinaus aufs Feld, als wolle er Hilfe holen. Mit einem Male hörte er eine Stimme hinter sich die rief: “Wären wir nicht so gerannt, so wären wir auch mit verbrannt“.
Das war das Käberchen.

Aufgeschrieben von Konrad Pech

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